Eine Wochenendgeschichte

die eigentlich am letzten Wochenende besser gepasst hĂ€tte – nicht schlimm, hier ist sie nun!


Kirmes 1970
Jedes Jahr, am ersten Wochenende im September ist in meiner Heimatstadt eine Kirmes, das „Verler Leben“. Und jedes Jahr denke ich an die Zeit zurĂŒck, von der ich in meiner kleinen ErzĂ€hlung berichte. Schön war’s, richtig schön.
Wegen Corona fÀllt das Fest in diesem Jahr wieder aus, das ist schade. Hoffen wir auf das nÀchste Jahr!
(Verl ist mittlerweile eine Stadt – eine schöne Stadt!)

Sommerkirmes 1970
Im Dorf ist Jahrmarkt,
wieder einmal. Bunte StĂ€nde und FahrgeschĂ€fte reihen sich aneinander. Herrlich, das Herz klopft schneller beim Anblick. Ich denke an dich, meine nach Zimtnudeln duftende Freundin aus Kindertagen. Weißt du noch, wie vergnĂŒgt wir waren? Kinder noch und doch schon auf dem Weg erwachsen zu werden. Weißt du noch, wie wir stundenlang vorm Spiegel standen, um uns aufzuhĂŒbschen? Weil uns ja der Mann unseres Lebens hĂ€tte begegnen können – auf dem Jahrmarkt.

Die Vorbereitung auf den Bummel durch die Straßen unserer Heimat war beinahe noch schöner, als der Kirmesbesuch selbst. Wir machten PlĂ€ne, kicherten um die Wette, flochten unsere Haare zu Zöpfen, krempelten unsere Miniröcke in der Taille um, damit sich noch ein wenig kĂŒrzer waren. NatĂŒrlich krempelten wir erst dann, wenn wir aus der Sichtweite unserer MĂŒtter waren. Sie hĂ€tten uns so nicht ziehen lassen.
Der Mann unseres Lebens ist uns dort nicht begegnet, wie sollte er auch? Wir saßen zu zweit im Twister-Karussell und juchzten vor Freude, so lange, bis wir unser Taschengeld ausgegeben hatten. In der Gondel war nur Platz fĂŒr zwei, fĂŒr dich und fĂŒr mich, liebe Freundin. Wie geht es dir heute, was machst du? Sind deine Gedanken an die Kindheit auch so bunt wie meine?
Ich hebe mein Glas, in dem ein dunkler Roter funkelt. Ich hebe es und trinke auf dich und ich schaue aus dem Fenster auf die Buden der Schausteller – im Dorf ist Jahrmarkt, wieder einmal.
© Regina Meier zu Verl



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